Wenn ich für den Shoafbauer etwas koche …
Letztens komme ich müde vom Stall ins Haus und trotzdem denke ich mir: Heute koche ich für Thomas was Besonderes, weil ich ihn überraschen möchte. Thomas isst ja liebend gern, also koche ich etwas, das seine Seele streichelt und wo er beim ersten Bissen spürt: Gerhild hat mit Liebe gekocht.
Also ich stehe in der Küche und bereite einen Lammschmorbraten vor, so zart, dass er fast von selbst auseinanderfällt, als Beilage Kartoffeln und Gemüse aus dem eigenen Garten, – mit einer köstlichen Sauce. Ich seufze zufrieden: Das ist es. Thomas wird sich über das Essen freuen und decke schließlich stolz den Tisch.
Und was macht mein Ehemann? Er geht zur Speisekammer, holt die rote Plastikflasche hervor und drückt diese mit beiden Händen zusammen und die „rote Tunke“ klatscht auf den Teller.
Ich atme tief ein, zähle leise von 5 herunter und dann platzt mir aber doch heraus: „Thomas“, ich hab drei Stunden gekocht!“ (Natürlich habe ich da ein bisschen übertrieben). Und was sagt er und schaut mich dabei so unschuldig an wie unser Oskar (Haus- und Hofhund), wenn er was angestellt hat. – Er legt die Gabel hin, schaut mich an und sagt: „Und genau deswegen schmeckt’s so gut, dass selbst das Ketchup Ehre hat, dazuzugehören.“ Ich: „Du bist so eigenartig.“
Er: „Na – ich bin ehrlich. Ohne dein Essen gäb’s nix zum Verfeinern.“
Da weiß man dann nicht, ob man lachen oder die Flasche verstecken soll.
Ich verstehe ja noch, wenn er ein Wiener Schnitzel, Bratwürste, Leberkäse vor sich hat oder Pommes Frites, – da kann man schon diese Sauce dazugeben. Aber die „rote Tunke“ zum Lammschmorbraten, den ich mit einer voll leckeren Sauce vorbereitet habe?! Das kratzt an meiner Schafbäuerinnen-Ehre.
Richtig fassungslos war ich auch als ich Thomas die Kärntner Käsenudeln servierte, von mir mit Hand gemacht, mit viel Liebe, obendrauf mit „Schmalzgrammalan“, dazu grüner Salat – und was macht mein Ehemann? Er überlegt nicht lange, nein, er zückt die Flasche und platsch, die rote Sauce ergießt sich über die „Kasnudeln“. Ich schwöre, ich war kurz vorm Explodieren.
Dabei gebe ich mir Mühe, gesund zu kochen. Fleisch mit reichlich Sauce, buntes Gemüse aus dem Garten. Ich achte darauf, dass es ausgewogen, abwechslungsreich und frisch ist. Und trotzdem – Thomas findet IMMER noch ein Plätzchen am Teller, das „noch etwas Ketchup“ vertragen könnte.
Und wenn mein Gemütszustand ziemlich im unteren Bereich angelangt ist und mich über diese besondere Zutat doch ärgere und dann sage:
„Weißt du was? Nächstes Mal stelle ich dir einfach nur die Ketchup-Flasche hin, fertig.“
Dann lacht er nur, tätschelt mir auf die Hand und antwortete:
„Ach nein, ohne dein Essen wär’s ja nix. Aber mit Ketchup ist es halt perfekt.“
Was soll ich sagen? Vielleicht braucht jede Ehe ihr kleines Drama. Bei manchen Paaren ist es der Klodeckel, der nie unten ist, bei uns ist es die „rote Tunke“, die IMMER oben drauf ist. Aber wenn ich nachdenke, erinnere ich mich noch daran, als Thomas nach seinem langen Krankenhausaufenthalt sein Freund für ihn was zum Essen bestellt hat, weil er so einen Heißhunger auf was Ungesundes hatte und er dann alles richtig verschlungen hat, da musste ganz viel intensiver ungesunder Geschmack rein, – und der Ketchup war für ihn die Rettung, – dieser intensiver Geschmack.
Auch wenn’s mir jedes Mal ein kleines Stöhnen entlockt, wenn ich das vertraute Plopp der Flasche höre, – können wir inzwischen beide darüber lachen und blödeln.
Das macht wohl das Leben auch schön, wenn man gemeinsam über etwas lachen kann.
Eure Shoafbäuerin Gerhild
Bild: Wunderkastl